Letzte MFO Elektrogyro-Lokomotive im Gonzen-Bergwerk



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Im 1830m hohen Gonzen, einem markanten und mächtigem Berg nahe Sargans im Schweizer Kanton St.Gallen wird seit 200 vor Christus, Eisenerz abgebaut. Der moderne Bergbau hielt ab 1919 Einzug als die Erzförderung auf motorisierte Gruben- und Seilbahnen sowie Schrägaufzüge und Bremsberge umgestellt wurde. Eine zeitgemäße Erzaufbereitungsanlage entstand in Sagans mit eigenem, normalspurigem Bahnanschluss und einer Anbindung zu den verschiedenen Stollenhorizonten mittels 600mm Grubenbahn oder aber Seilbahn. 1966 wurde der aktive Erzabbau eingestellt – allerdings bestehen die Bergrechte nach wie vor und bei Bedarf könnte der Erzabbau wieder aufgenommen werden.
1983 gründete sich der Verein „Pro Gonzen-Bergwerk“ der in mehr als 40 Jahren das Bergwerk zum attraktiven Schaubergwerk umgestaltete, bemüht sich heute um ein Stollensystem von rund 90 km und natürlich auch um die Grubenbahn mit der die Besucher rund 2km in den Gonzen zu Führungen gebracht werden.
Was das Gonzen Bergwerk aber für Eisenbahn-Historiker so besonders macht ist die Tatsache, dass dort die letzte SIG Elektrogyro Lokomotive den Fahrpark bereichert – sozusagen eine „Blaue-Mauritius“ unter den Lokomotiven!
Gyro = Kreis(el) auf Griechisch d.h. es handelt sich bei neuzeitlicher Gyro Technik um einen Energie-Schwungradspeicher. Die Schwungradtechnik im Eisenbahnwesen anzuwenden geht auf das frühe 20. Jahrhundert zurück und 1946 wurde eine sechsachsige,  elektrische Lokomotive der British Rail mit einem Schwungradspeicher ausgerüstet. Zur gleichen Zeit wurde das Gyro Prinzip für die Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) patentiert. Soweit man von einem Durchbruch der Gyro Technik sprechen kann, gelang dieser der MFO. Zwischen 1946 und 1956 wurden von MFO 28 Gyro Fahrzeuge gebaut, darunter auch Gyro Busse u.a. für den Stadtverkehr in Yverdon (CH), SNCV/NMVB (B) und Leopoldville in Belgisch Kongo. Im Bereich der Schienenfahrzeuge wurde ausschließlich Lokomotiven für Werks- und Grubenbahnen auf verschiedenen Spurweiten gebaut. Einsatzländer waren neben der Schweiz - Südafrika, Frankreich und Groß Britannien.
Die heute noch im Gonzen-Bergwerk erhaltene Gyro Lok wurde 1954 an ein Bergwerk nahe Metz in Lothringen geliefert. Da die Lok die Erwartungen des Bestellers nicht restlos erfüllen konnte, wurde sie zum Hersteller MFO retourniert und von diesem für den Einsatz im Gonzen-Bergwek adaptiert. Dort war die Lok ab 1956 im Einsatz und konnte Züge bis zu 30t Anhängelast problemlos befördern. Mit Aufgabe der Erzgewinnung im Gonzen 1966 wurde die Lokomotive abgestellt. 1980 gelangte das schöne Stück zum Technorama (Museum) nach Winterthur. Ab 1986 konnte dieses inzwischen einmalige Schienenfahrzeug (nur im Bestand der SNCV/NMVB – heute De Lijn überlebte ein Gyro Bus) mit Unterstützung der Industrie vom Verein Pro Gonzen-Bergwerk mit erheblichem Aufwand restauriert werden und 1994 wieder in Betrieb genommen werden.
Aktuell wartet die Lokomotive auf die neuerliche Aufarbeitung als Zeugin einer Technik die vielleicht in Zukunft noch eine Rolle spielen könnte. Immer wieder werden Schwungradspeicher vor allem in Kraftfahrzeuge versuchsweise in Kraftfahrzeuge eingebaut – ohne damit aber den Durchbruch zu erzielen.
Ganz verschwunden ist die Gyro Technik auch bei Schienenfahrzeugen noch nicht. In der ehemaligen Sowjetunion werden in Tula nach wie vor Grubenloks für 600mm, 750mm und 900mm hergestellt. Diese sind in Bergwerken der GUS-Staaten und in der Ukraine zu finden. Der technische Unterschied zur MFO-Technik ist die Form der Kreiselbeschleunigung. Diese erfolgt bei MFO mittels Drehstroms(500 Volt/50 Hz) bei der Russischen Technik mittels der in Bergwerken ohnehin meist vorhandenen Druckluft.
Das Gonzen-Bergwerk besticht jedoch neben der Gyro Lokomotive die authentische Bergwerksanlage mit mehreren interessanten Diesel- und Akkuloks. Ein Besuch der sich jedenfalls lohnt !

  • 360: Das verchromte Logo „ElektroGyro“ welches alle Lokomotiven und Busse der MFO mit dieser Technik zierte
  • 356: Die Gyrolokomotive mit dem mittigen Schwungradspeicher
  • 359: Der Schwungradspeicher in dem sogar leichter Unterdruck herrscht und das Schwungrad sich mit 2960 Umdrehungen pro Minute (!) bewegt
  • 383: BARBARA VI (BBA/B 360)
  • 340: BARBARA V (BBA/B 360) und Barbara II (Deutz)
  • 343: BARBARA I (Brun/1938) und BARBARA III (Ruston 30DL/1948 ex Ziegelei Landquart)
  • 352: Tiefladewaggon
  • 353: Personenwaggons für die Beförderung der Besucher
  • 355: Pfannen-Lore
  • 364: Beeindruckender Schrägschacht mit Bremsberg
  • 365: Deutz in der untertägigen Lokwerkstätte
  • 370: Blick in einen Stollenbahnhof mit BARBARA VI

Alle Fotos: Gunter Mackinger 8.10.2025